Die letzten 6 Wochen waren wir damit beschäftigt, die Übungsplattform im Jordansee zu reparieren.
Denn zuletzt war die von Hans und anderen Mitgliedern vor einigen Jahren erbaute Unterwasserplattform im Jordansee defekt: Zwei der vier Ketten, die die Plattform in Position hielten waren durchgerostet und gerissen, die anderen beiden waren teilweise auf unter einen Millimeter Stärke korrodiert.
Die Plattform ist etwa 50m vom Ufer entfernt und dient vor allem als Hilfe beim Ausbilden von neuen Tauchschülern. Dort kann man mal ein zusätzliches Blei ablegen, erste Rettungsübungen vom Grund machen (z.B. das Prozedere zeigen, ohne dass dabei die Sicht schlecht wird) oder auch können Taucher in Spee sich erst mal grundsätzlich abstützen ohne dass die Natur Schaden nimmt.
In sofern ist so eine Plattform eine super Sache: Selbst ohne Ausbildung kann man dort immer mal wieder etwas Spaß haben und z.B. Brettspiele darauf spielen oder auch das Tarrieren generell üben.
Da aber nun die Ketten gerissen waren und - ermöglicht durch die leichten Lockerung der offiziellen Corona Maßnahmen - nun bald unter strengen Auflagen die ersten Ausbildungen wieder stattfinden sollten, war es an der Zeit aktiv zu werden. Die Plattform muss also repariert werden.
"Was ist an so einer Reparatur schon dran?" fragten wir uns, das ist sicher in 2 Tauchgängen erledigt... so dachten wir. Weit gefehlt, letztendlich sollten einige Tage und Tauchstunden ins Land (bzw. ins Wasser) gehen. Aber erst mal der Reihe nach:
Die Plattform ist auf 12,5m Tiefe mit Ketten auf dem Grund verankert. Dabei wurde sie von 4 Grundgewichte zwischen 60kg und 90kg am Boden gehalten. Die Plattform selbst hat etwa 2,5m x 3,5m und ist in einer Tiefe von 7m angebracht. Nach oben halten sie 4 Fässer a 120l, die allerdings im oberen drittel angebohrt wurden um den Auftrieb zu begrenzen.
-- Rost hat die alte Kette an Substanz verlieren lassen... |
-- Die neuen Edelstahlketten haben wir vorher eingemessen und abgeschnitten |
Wir haben beschlossen, dass wir die Ketten durch neue Edelstahlketten ersetzen wollen. Schnell waren in der Verwaltung rund 250€ beantragt und eine V4A Kette (bis 1200kg) und entsprechende Gewindestangen, Muttern, Unterlegscheiben und Schäkel bestellt (fast alles V4A, wenige Teile V2A).
Nun stellte sich die Frage, in wie weit wir weitere Vereinsmitglieder - vielleicht auch im Rahmen der zu leistenden Arbeitsstunden - einbinden können. Leider mussten wir diese Frage negativ beantworten. Zwar wäre das ein sehr schöner sozialer Event gewesen, aber im wesentlichen aus zwei Gründen nicht machbar:
- War eine Vereinstätigkeit unter Einhaltung der Corona-Regeln zum Zeitpunkt sehr schwierig. Insbesondere wenn mit mehreren Leuten gleichzeitig angepackt werden musste. Gerade zu Beginn der Arbeiten waren die Regeln im Umgang mit Corona sehr streng und wir haben wenig Möglichkeiten gesehen dies mit mehreren Mitgliedern durchzuführen.
- Haben die Arbeiten zu 90% unter Wasser stattgefunden. Bereits zu zweit was es mitunter sehr schwer zusammen zu arbeiten: Gerade im Bereich der Bodenverankerung haben wir die meiste Zeit zugebracht. Dort war die Sicht bereits zu Beginn der Tauchgänge geringer als 30cm und nach 2-3 Handgriffen auf ca. 5 cm gesunken. Die meisten Arbeiten haben wir blind verrichtet und haben uns nur an den Leinen orientiert. Diese haben wir nach gängigen Höhlentauch-Standards angebracht, die sicher beherscht werden mussten. Auch waren die Arbeiten mit dem Hebesack sehr gefährlich, mehr dazu später.
Im ersten Tauchgang haben wir die verbleibenden 2 Ketten gelöst und die Plattform an Land transportiert. Wir haben sie neben dem Tauchereinstieg am Grund fixiert. Die Schäkel waren zwar gerostet, ließen sich aber mit einer Zange noch problemlos lösen, so dass dies der einfachste Teil war.
In den nächsten beiden Tauchgängen haben wir dann beschlossen die Grundgewichte zu bergen und zu erneuern. Hier waren jeweils 6 (in einem Fall nur 4) normale Gehwegplatten mit einem Loch versehen und auf eine Gewindestange aufgefädelt. Mit einem geliehenen Hebesack haben wir die Platten aus dem Grund gerissen und dann an der Oberfläche an Land transportiert.
In der Theorie klang das sehr einfach. In der Praxis haben sich die Gewichte mit den Jahren so weit in den Grund eingesogen, dass der Hebesack knapp an der Kapazitätsgrenze von 250l war: Voll aufgeblasen musste man mitunter noch etwas an den Leinen ruckeln. Sodann schossen die knapp 90kg mit Wucht und in einer schwarzen Staubwolke nach oben. In einen Fall sogar so schnell, dass der Sack an der Oberfläche kollabierte und die Steine fast genauso schnell wieder nach unten an uns vorbei zischten. Da der Hebesack bereits einige Jahre alt war, ist er beim darauf folgenden Versuch an der Oberfläche gerissen: Die Gehwegplatten flogen uns nur so um die Kopfhauben... Vielleicht wird jetzt klar, warum ich ganz froh war, dass die Anzahl der Helfer sehr begrenzt war. Das Heben erfolgte unter großen Vorsichtsmaßnahmen, mit maximalem Abstand zum Hebesack und unter genauer Beobachtung der erfolgten Bewegungen.
Durch das "Abstürzen" der Platten ergab sich ein weiteres Problem: Die Steine mussten nicht nur geborgen, sondern auch gefunden werden. Wir hatten generell ein Reel vom Ufer zum Standpunkt der Plattform gelegt. Dann hatten wir mit Eisenstangen die Umrisse der Plattform auf Grund abgesteckt. Leider hatte ein Block beim Bergen sich etwas in den Leinen verfangen und die gesamte Leinenführung mit nach oben genommen. Es half nichts: Spool im Boden verankert und Suchmuster bei 5cm Sicht starten (eigentlich hätte man auch die Augen zu machen können). Der unter der Plattform liegende Plastikstuhl und der alte Weihnachtsbaum waren bei der Leinenführung übrigens auch nicht gerade behilflich, so dass wir diese im nächsten Tauchgang entsorgten.
Die ausgerissenen Leinen erneuerten wir einen Tauchgang später wieder mit etwas stabiler im Grund eingestoßenen Dachlatten und unter Zuhilfenahme eines extra dafür angeschafften Maßbands. Letztlich wollten wir ja dass die Steine in exakt dem gleichen Abstand liegen wie die Abmessungen der Plattform, so dass die Ketten nicht schräg verlaufen.
Netterweiße bekamen wir für den Hebesack, der übrigens an altersbedingter Materialermüdung starb, Ersatz. Vielen Dank an dieser Stelle an Thomas für das organisieren und vor allem an Triton für die Spende!
Leider war im neuen Sack das Entlüftungsventil noch nicht eingebaut. Für dieses muss man ein Loch in die Plane stanzen: Etwas das wir nicht eigenständig an geliehenem Material durchführen wollten erst und später im Triton von Profis gemacht wurde. Somit ließ sich der Sack nur entlüften, indem man darüber taucht, eine eingeschraubte Kappe entfernt und, ohne sie zu verlieren, wieder aufschraubt wenn genug Luft entwichen ist. Wie man sich vorstellen kann ist das tarrieren auf diese Weise nicht unbedingt einfach...
Es war ein Sonntag später, als die ursprünglichen Grundgewichte wieder mit neuen Gewindestangen und einer komfortablen Ringmutter an Ort und Stelle lagen. Somit wendeten wir uns der eigentlichen Plattform zu. Dazu war geplant, ein altes Kletterseil gleichmäßig an allen Enden der Plattform anzubringen und die Plattform am Hebesack schweben zu lassen. Mittels eines Halbmastwurfs aus dem Bergsport wollten wir die Plattform dann bei Bedarf ablassen. Auch hier: Soweit die Theorie.
In der Praxis entlüftete ich alle Fässer, im Glauben die Platform hängt nun stabil am Seil. Nachdem ich eines der Fässer bereits zu Tibor ans Ufer gepaddelt hatte und das gegenüber liegende Fass entlüftete, erwartete mich ein neue Überraschung: Wir wussten nicht, das damals beim Versenken, die Plattform an der Unterseite mit Styrodurplatten für einen höheren Auftrieb versehen wurde. Diese waren einst mit Kabelbindern, inzwischen längst porös, auf der Unterseite befestigt. Durch die Variation in der Tarrierung taten diese das, was sie sollen: Auftreiben. Leider aber völlig unkontrolliert und von mir völlig unerwartet. So war ich mächtig erstaunt, als sich die, eben noch so ruhig gelegene Plattform, plötzlich senkrecht stellte. Mehrere Platten, deren Existenz ich mir in dem Moment nicht erklären konnte, trieben nach oben. Und dann, ohne diese Platten, drehte sich die Plattform weiter um dann Kopfüber in meiner Richtung zu kippen...
Es dauerte ein paar Flüche in den Atemregler und ein AMV jenseits der 100 l/min um die Plattform mit Muskelkraft und etwas Fassauftrieb wieder dazu zu übereden richtig herum zu liegen.
Nun war die nächste Frage wie wir mit den Stypoporplatten umgehen: Zum einen widerstrebte es Tibor und mir Styporpor in einen Natursee einzubringen. Zum anderen sorgen die Platten, wie bereits hautnah erfahren, für einen etwas unkalkulierbaren Auftrieb wenn die Plattform nicht fest verankert ist. Ein Anbringen ist unter Wasser unmöglich, die Plattorm muss dafür aus dem See. Ohne Kran bei geschätzten 200kg Gewicht kaum machbar. Deshalb haben wir beschlossen erst einmal zu versuchen ohne das Styrodur auszukommen.
Dadurch ergibt ich aber ein neues Problem: Da die bisherigen 120l Fässer im oberen drittel angebohrt sind, sorgen sie für maximal 4x40l Auftrieb. Das ist zu wenig um die Plattform alleine zu heben. Ergo haben Tibor und ich beschlossen, auch die - inzwischen mit neuen Edelstahlstangen versehenen - alten Fässer auch noch mal zu tauschen. Im Internet hat Tibor bei Bruchsal 4 gebrauchte Fässer a 120l für zusammen 50€ aufgetrieben. Diese waren mit Hänger nach Feierabend geholt und abermals ein Wochenende später haben wir sie gegen die alten Fässer getauscht.
Dadurch war aber das Grundgewicht mit zusammen 330 kg etwas dürftig dimensioniert. Zwar sinken die Platten im Seegrund ein und verankern sich so mit der Zeit besser, wie wir beim Heben feststellen durften. Doch darauf verlassen wollten wir uns natürlich nicht. Ergo haben wir mit ein paar Sack Beton noch mal 120kg zusätzliches Grundgewicht gegossen und den Bodengewichten hinzugefügt. Auch haben wir den Stoß mit den 4 Gehwegplatten um einen weiteren, angebohrten Tiefbordstein erweitert. Dies war übrigens auch mit etwas Schweiß verbunden, denn was sich an Land so leicht anhört (3 Muttern lösen, Stein mittig darauf platzieren und alles wieder verschrauben) ist bei absoluter Dunkelheit, null Sicht und mit dicken Handschuhen, frei schwebend tarriert schon eine andere Nummer. Insbesondere auch, da jede Mutter die aus der Hand fällt hoffnungslos im Morast verloren ist. Aber nach ca. 60 Minuten Grundzeit war auch dieser Stein fixiert.
Somit hatten wir nach Abschluss der Aktion ein gesamtes Grundgewicht von rund 500 kg.
Die alten, angebohrten Fässer liesen sich unter vollem Körpereinsatz (daran hängen und dann mit Wucht und Hartgummiflossen nach unten paddeln) gerade so drehen und damit entlüften. Bei gut 100l Auftrieb geht das nicht mehr. Kurzerhand haben wir uns eine Entlüftungshilfe gebastelt: Ein U-förmiges Holzgestänge mit einem Stück Gartenschlauch daran fixiert. Will man das Fass nun entlüften muss man wie folgt vorgehen:
Das Gestänge in die Horizontale bringen, so dass beide Schlauchenden auf der gleichen Tiefe sind. Tief Luft holen, Regler ausspucken, in den Schlauch blasen bis kein Wasser mehr darin ist. Dann apnoe beide Schlauchenden zu halten und das tiefere Ende in das Fass einführen. Hat man es geschafft in den luftgefüllten Raum mit dem Schlauch vorzudringen, heißt es nur noch den eigenen Atemregler wieder zu finden und der Luft beim ausströmen aus der höher gelegenen Öffnung zuzuschauen. Wenn nichts ausströmt... wiederholen.
Auf diese Weise haben wir die Plattform nun zum finalen Tauchgang vorbereitet. Am letzten Wochenende haben wir die Plattform wieder an Ort und Stelle gebracht. Die Methode mit dem Ablassen der Plattform am Hebesack mittels Halbmastwurf hat einwandfrei funktioniert, so das wir die Plattform an allen vier Ecken mit den Grundgewichten verschrauben konnten.
In einem finalen Tauchgang wurden die verbleibenden Schäkel gesetzt und die Muttern alle noch mal kontrolliert. Außerdem wurde an jeder Ecke der Plattform noch mal ein Edelstahlseil als zusätzliche Sicherung angebracht. Beim finalen reinigen der Plattform dann ein Schreck: Plötzlich hebt sich eine Ecke der Plattform und treibt trotz verstärkter Grundgewichte einen Meter auf um sich dann wieder zu setzen. Als resultat haben wir uns dann in den letzten 10 Minuten entschieden, die neuen Fässer auch wieder mit einem Loch zu versehen. Diesmal allerdings im unteren 1/4 des Fasses, so dass ein versehentliches Aufsteigen künftig nicht mehr möglich ist.
Insgesamt haben wir in 8 Tauchgängen gut 17h unter Wasser mit der Reparatur der Plattform verbracht. Nun kann die Ausbildung auf der Plattform wieder beginnen!