Tauchen jenseits vom Sporttauchen

Technisches Tauchen (TEC / TEK / Technical Diving) wird im Allgemeinen als Tauchen jenseits der Sporttauchgrenzen definiert. Hierbei werden viele Grenzen überschritten. Es werden andere Gase verwendet, da Luft bei tieferen Tauchgängen praktisch ausscheidet. Auch bei der Ausrüstung werden Grenzen überschritten, da diese nicht selten das eigene Körpergewicht überschreiten. Die Menge des notwendigen Wissens liegt weit über dem Wissen was zur Durchführung von Sporttauchgängen notwendig ist. Auch werden mitunter Verfahren aus dem Sporttauchen im Technischen Tauchen grundlegend abgelehnt. Personen die technisch tauchen werden i.d.R. Tekkies genannt.

50 m laufen ist nicht sehr weit, 50 m beim Schlitten  fahren, im Winter ist fast gar nichts.

Jedoch für Taucher, die in 50m Wassertiefe vordringen möchten, bedeutet die sichere Überwindung dieser Entfernung allerdings einen besonderen Aufwand. Denn diese Tiefe geht über den normalen Bereich der Sport-Taucherei hinaus und führt dazu, dass beim Auftauchen die Einhaltung besonderer Regeln erforderlich sind, die zu den sogenannten „Deko- Pausen“ führen.

„Deko- Pausen“ bedeuten, dass der Taucher auf dem Weg zur Oberfläche zurück in verschiedenen Tiefen für eine bestimmte Zeit verweilen muss.

Diese Pausen sind erforderlich, um dem Körper die Anpassung an den jeweiligen Umgebungsdruck zu ermöglichen und um Krankheits-Symptome zu vermeiden.

Was nun, wenn gerade in einer Tiefe jenseits der 40m ein besonderes Leckerli zu finden ist? Es könnte ein schönes Wrack sein, eine besonders eindrucksvolle Unterwasser-Landschaft, oder auch besondere Pflanzen bzw. Tiere. Es wäre doch schön, wenn man in solchen Fällen länger in der Tiefe bleiben könnte.

Seit einiger Zeit stehen dem Sport-Taucher genau diese Möglichkeiten offen! Der Schlüssel hierzu liegt im verwendeten Atemgas.

Während der Sport-Taucher in der Regel ganz normale Atemluft in seiner Taucherflasche mit sich trägt, werden im kommerziellen bzw. im wissenschaftlichen Tauchen seit vielen Jahren sogenannte Mischgase eingesetzt. Die Zusammensetzung dieser Mischgase weicht von der normalen Atemluft ab und wird gezielt dazu verwendet, größere Tauchtiefen bzw. längere Tauchzeiten zu erreichen.


Eines dieser Gase wird Nitrox genannt.

Im Vergleich zur normalen Atemluft weist Nitrox einen höheren Sauerstoff- sowie einen niedrigeren Stickstoff-Anteil auf.

Da die „Deko- Pausen“ hauptsächlich durch den Stickstoff-Anteil des Atemgases bedingt sind, bedeutet eine Verringerung dieses Gases eine im Vergleich zur normalen Atemluft längere Verweildauer in der entsprechenden Tiefe. Das exakte Mischungsverhältnis von Stickstoff und Sauerstoff wird durch die angestrebte Maximaltiefe des Tauchgangs festgelegt, wobei der eigentliche Vorteil der längeren Verweildauer in Tiefen oberhalb der 40m-Marke liegt. Soll es tiefer gehen, so fällt der Unterschied zur normalen Atemluft relativ gering aus. Wird Nitrox geatmet, aber beim Auftauchen nach den Regeln verfahren, die die normale Atemluft vorschreibt, ergibt sich ein substantieller Sicherheitspuffer für den Taucher, der Unfälle nahezu völlig ausschließen sollte.

Wie immer im Leben kein Licht ohne Schatten,  oder es gibt es keinen Vorteil ohne einen entsprechenden Aufwand. Dieser Aufwand besteht darin, dass bei gesteigerter Sauerstoff-Konzentration im Atemgas gewisse Vorsichtsmaßnahmen zu beachten sind.

Unter bestimmten Bedingungen kann der für uns lebensnotwendige Sauerstoff eine schädliche Wirkung für den Körper aufweisen. Diese Bedingungen hängen mit der einzuhaltenden Maximaltiefe des Tauchgangs zusammen, so dass eine exakte Tauchgangsplanung notwendig ist.

Eine direkte Konsequenz des Nitrox- Tauchens besteht beispielsweise darin, dass die vor dem Tauchgang festgelegten Tiefenlimits zu beachten sind, um Gesundheitsrisiken zu vermeiden.

Viele Tauchbasen in der Welt machen sich dies zunutze:

Die früher oft fruchtlos ausgesprochenen „freiwilligen“ Tiefenbeschränkungen auf 30 bzw. 40m werden nun über das Atemgas forciert; dieses lässt Tauchgänge, die deutlich tiefer gehen, einfach nicht mehr zu.

Dies ist ein wichtiger Grund für die mittlerweile weltweite Verbreitung dieses Atemgases in den besseren Tauchbasen.

Darüber hinaus gelten für den Umgang mit erhöhten Sauerstoff-Konzentrationen technische Vorschriften, die sich vor allem. auf die Qualität der Ausrüstung beziehen und die zu beachten sind.

Aus diesem Grund ist es notwendig, vor dem Einsatz von Nitrox- Gasen eine entsprechende Ausbildung zu absolvieren. Dies ist innerhalb unseres Vereins problemlos möglich und bietet sich gerade vor der Urlaubs-Saison an.

Das Nitrox- Tauchen bietet gegenüber der normalen Atemluft grundlegende Vorteile. Diese liegen einerseits in der Möglichkeit, die bisherigen Tauchtiefen länger genießen zu können, aber auch in einer geringeren Gesamtbelastung für den Taucher. Gerade bei Tauchsafaris mit mehreren Tauchgängen pro Tag bietet Nitrox somit mehr Sicherheit


Ein weiteres Mischgas wird Trimix genannt.

Hierbei handelt es sich explizit um ein Gas für Tiefen jenseits der 50m-Grenze.

 In dieser Region ist sowohl der in der Atemluft enthaltene Stickstoff als auch der Sauerstoff nicht mehr ohne gesundheitliche Einschränkungen zu atmen.

Zur Vermeidung der entsprechenden Probleme wird sowohl der Sauerstoff-, als auch der Stickstoff-Anteil reduziert.

 Die entstehende „Lücke“ wird durch Helium ausgefüllt.

 Dieses recht teure Gas erlaubt es sogar dem ambitionierten Sport-Taucher, bis weit über die 100m-Marke vorzudringen (im kommerziellen Bereich sind Tauchgänge zwischen 600m und 700m üblich, allerdings mit erheblichem Aufwand!).

In der Praxis kommen damit oftmals mehrere Gasgemische in einem Tauchgang zum Einsatz:

Etwa Nitrox für den Abstieg bis zu einer bestimmten Tiefe, dann Trimix als Tiefengemisch.

Beim Aufstieg erfolgt wieder der Wechsel auf Nitrox, in der Deko- Pause auf 6m Tiefe kann reiner Sauerstoff geatmet werden.

Damit wird deutlich, dass für dieses Ziel auch ein besonderer Aufwand zu treiben ist:

Das Tauchen mit 3 bis 4 Flaschen, die unterschiedliche Gemische beinhalten erfordert ein besonderes Training in der Handhabung der gesamten Ausrüstung.

Für diese Form des Tauchens hat sich der Begriff des „Tec- Tauchens“ eingebürgert – auch in unserem Verein findet sich mittlerweile eine kleine aber stetig wachsende Schar von Tauchern, die an dieser recht aufwendigen Taucherei gefallen finden.

 

Nitrox **  Trimix  * & **

 

Diese Tauchgänge sind immer Deko- Tauchgänge.

D.h. das Austauchen muss einem bestimmten Ablauf folgen – ein direktes Austauchen aus dieser Tiefe würde möglicherweise zu schweren gesundheitlichen Problemen führen. Mit dieser Art des Tauchens verlässt man definitiv den Bereich des Sport-Tauchens  mit allen Konsequenzen.

Der VDST als klassischer Sport-Tauch-Verband versichert diese Aktivitäten nicht. Man braucht also eine eigene Versicherung, um im Zweifelsfall seine Hinterbliebenen abzusichern.

 (Jedenfalls ist dies derzeit mein Erkenntnisstand)

 

Wenn man den Tiefenbereich des erfahrenen Sport-Tauchers (derzeit: 40m) überschreiten möchte, so muss man sich mit dem Thema des Atemgases beschäftigen.

Der Trimix * Kurs erlaubt den Umgang mit normoxischen  Atemgasen, d.h. mit Gasen, die an der Oberfläche atembar sind.

In der Regel werden dabei Tiefen von 60m nicht überschritten.

Der Trimix ** Kurs erlaubt den Umgang mit hyperoxischen Atemgasen, d.h. mit Gasen, die an der Oberfläche nicht atembar sind.

In der Regel wird dabei in  Tiefen von 60m bis 100m getaucht.

Alle kritischen Ausrüstungsgegenstände sind wenigstens 2x, besser 3x vorhanden.

In diesem Kurs lernt man den Umgang mit Mehrfach-Redundanz der Ausrüstung.

Ansprechpartner und VDST Tauchlehrer ist Joachim Weber.

Eine wichtige Voraussetzung  für das Tec- Tauchen ist die notwendige mentale Stärke, die es möglich macht mit den Stressfaktoren umzugehen. 

  • Man darf keine Angst vor Dunkelheit, vor Tiefe, vor engen Stellen haben.
  • Man braucht Selbstvertrauen, ohne sich zu überschätzen, sowie das notwendige Verantwortungsbewusstsein.
  • Man darf keine Angst haben, ohne den Respekt vor der Sache zu verlieren.
  • Man muss sehr klar erkennen, was noch vernünftig machbar ist und womit eine Gefahr heraufbeschworen wird, die nicht mehr beherrschbar ist.
  • Die Ausrüstungstechnik kann versagen. Daher nimmt man von jedem kritischen Gegenstand mehrere mit.
  • Flaschen können verloren gehen, oder ihre Füllung verlieren.

Daher plant man die Tauchgänge so, dass man ggf. Flaschen-Depots anlegt.

Man plant auch den Abbruch des Tauchgangs, sowie den Ausfall von einzelnen Atemgasen. Die Reserve, die man mit nimmt bezieht sich auf diese Notfälle sowie auf die Unterstützung für den Tauchpartner.

Ein weiteres Risiko ist die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten.

Man bewegt sich in den eigenen Grenzbereich, so dass ein bestimmtes Risiko nicht auszuschließen ist. Hier hilft nur Training, Training und immer wieder Training.

Dazu gehört auch die Bereitschaft, einen Tauchgang kurz vor dem Beginn abzusagen, wenn die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.

Manchen Kollegen fällt dies schwer.

All diese Dinge gelten aber letztlich auch für den Bereich des Sporttauchens.

Wer heute mit einer Flasche Luft auf dem Rücken ins Wasser geht und auf 30 oder 40m Tiefe geht, geht mindestens das gleiche, wenn nicht ein größeres Risiko ein, als wenn ich mit 3 bis 5  Flaschen mit unterschiedlichen Atemgasen in 70m Tiefe vorstoße!

 

WS 03.2010


Update Mai 2017 (Oliver Probst):

Kleine Ergänzung zu Werners Beitrag: Entgegen der Aussagen im Text sind technische Tauchgänge über die VDST Tauchsport-Versicherung abgedeckt durch die Deckungserweiterung 4B. Dies ist allerdings an Bedingungen geknüpft. Diese Aussage ist nicht rechtsverbindlich, für Details sei hier auf die originalen Versicherungsbedingungen verwiesen. Diese sind unter https://www.vdst.de/mediathek/downloads/versicherung-medizin.html zu finden.